Mit freundlicher Genehmigung von Bernd Sluka hier der Body eines seiner Postings (Message-ID: <H.emH.4A2yqZ&_AD3&Q@sledge.phiger.com>):
Im Artikel <38F38289.CDF18708@stud.uni-hannover.de> schreibt
Juergen Koch :
>In Niedersachsen läuft momentan ein Großversuch zum Autofahren mit
>Abblendlicht am Tage. Überall sieht man Plakate mit Slogans wie "Licht
>ist Leben", die zum (freiwilligen) "Licht am Tage" aufrufen. Man
>verspricht sich davon eine erhöhte Sicherheit. Der Umweltbelastung
>durch erhöhten Spritverbrauch (+0,7l/100km, Quelle: AvD, realistisch?)
>von 5,4 Milliarden Mark pro Jahr (Europa) stünden 10 Milliarden Mark
>an eingesparten Krankenhauskosten gegenüber (Quelle:
>Leidschendam-Studie, Niederlande). Die Gegner von "Licht am Tage", an
>vorderster Front die Motorradfahrer, stellen nun u.a. genau die oben
>zitierte These (was das Licht angeht) dagegen. In Flottenversuchen in
>den USA und Kanada soll sich jedoch gezeigt haben, daß es im
>Straßenverkehr keine Gewöhnung an ständige Lichtquellen gibt. Weiß da
>jemand was genaueres?

Tagesfahrlicht (TFL). Die niederländische Untersuchung leidet wie vile 
anderen unter methodischen Fehlern.

Angesichts der Uhrzeit einfach ein Repost aus de.sci.ing.misc:

Newsgroups: de.sci.ing.misc
Subject: Re: Benzin sparen durch Lichtabschaltung im Stand bei Leerlauf
Date: Sun, 09 Apr 2000 21:51:38 CEST

Im Artikel <8bsb2m$1c21$1@news.nikoma.de> schreibt
"Dr. Rudolf Kohler" :
>Wolfgang HEES  schrieb in im Newsbeitrag:
>38E07956.E22819CD@cern.ch...
>> PS: Unsere skandinavischen Nachbarn sind ja allgemein sehr
>>     Umweltbewusst, fahren aber Tag und Nacht mit Abblendlicht,
>>     von wegen Sichtbarkeit. Ich nehme an, dass es in Schweden
>>     Untersuchungen zu dem Thema gab. Man müsste mal nachschauen.
>>
>Ich gehöre (als Saab-Fahrer) auch zu der Zunft
>der -mit-Licht-fahrenden-. Für mich ausschlaggebend war eine
>Studie aus Rom (vor ca. 15 Jahren), wo über 12 Monate 50 % der
>Taxen ständig mit Licht fuhren. Diese Taxen hatten 30 (oder 40) %
>weniger Unfälle.

Saab bezieht sich doch in seinem (ganz uneigennützigen?) Plädoyer für
ein TFL auf eine Untersuchung aus Schweden aus dem Jahr 1981. Darin
wird eine Abnahme der Mehrbeteiligtenunfälle (auf die häufigen
Alleinunfälle sollte es keinen Einfluß haben) um 11% festgestellt.
Das Fatale ist nur, daß diese Feststellung auf der Annahme beruht,
ohne das 1979 in Schweden eingeführte Tagesfahrlichtgebot wären die
Unfallzahlen weiter gestiegen, um gerade diese 11%.

Es gibt dagegen eine methodisch saubere Untersuchung aus Norwegen von
1993 (Quellen auf Anfrage), die keinerlei signifikanten Einfluß weder
auf Mehrbeteiligten-Unfälle, noch auf Unfälle mit Fußgängerbeteiligung,
Auffahrunfälle oder Mehrbeteiligten-Unfälle bei Dämmerlicht feststellen
konnte. Auch in Deutschland hat man 1994 auf der Insel Rügen an diesem
Thema geforscht. Hier hat sich herausgestellt, daß die beobachtete
Abnahme der Straßenverkehrsunfälle mit TFL in gleichen Zeitraum auch
im Kontollgebiet (Kreis Bad Doberan) stattfand - ohne TFL.

Eine Analyse der internationalen Studien in den letzten 25 Jahren
(Werner Köppel, "Fahren mit Licht bei Tag. Ein Beitrag zur
Verkehrssicherheit?", Straßenverkehrstechnik 4/96) kommt folglich zu
dem Schluß, daß "Eine Reduzierung der Unfälle bei Tageslicht mit
Beteiligung von zwei oder mehr Verkehrsteilnehmern ist mit TFL nicht
nachweisbar." Bestenfalls war eine leichte Verschiebung von den
Nicht-Auffahrunfällen zu Auffahrunfällen (Bremslichtüberdeckung)
bemerkbar.

Probleme macht ein TFL-Gebot übrigens auch den Rettungsdiensten, die
dann nicht mehr mit Licht am Tag auffallen können.

Um noch zum Thema zurückzukommen: Ich habe auch weitere Schätzungen
für den Benzinverbrauch durch Licht bei Tag gefunden. Allerdings ist
die Spanne hoch. Sie reicht von 0.11 l/100 km (Angabe Bundesregierung
1998) bis "zwischen 0.01 und 0.03 l/100 km" (test 12/94). Diese
Größenordnung zwischen etwa 1% und 0.1% macht aber deutlich, daß Licht
abstellen an der Ampel nichts Bemerkbares beim Verbrauch bringen kann.
Die zugehoerigen Referenzen sind:
Ich gestehe, ich habe nach Wissen aus der Antwort zu einer
parlamentarischen Anfrage im Bundestag (abgedruckt in den
Verkehrsnachrichten des Bundesministers für Verkehr vor einigen
Jahren) und v.a. dem Artikel "Heller als der lichte Tag" im IDV 62
(vom März 2000) geantwortet. IDV = Informationsdienst Verkehr,
herausgegeben vom Umkehr e.V. Berlin (http://www.umkehr.de) und dort
zu beziehen.

Daraus:

Köppel, W.: Fahren mit Licht bei Tag. Ein Beitrag zur
Verkehrssicherheit? In: Straßenverehrstechnik 4/96.
Verfasseranschrift: Dipl.-Ing. Köppel, Beratungsstelle für
Schadenverhütung des Verbandes der Schadenversicherer e.V. - VdS,
Ebertplatz 2, 50668 Köln

Elvik, R.: The effects on accidents of compulsory use of daytime
running lights for cars in Norway. Accid. Anal. an Prev., Vol. 25,
No. 4, pp. 383-398, 1993

Theeuwes, J.; Riermersma, J.: Daytime running lights as a vehicle
collision countermeasure: The swedish evidence reconsidered. Accid.
Anal. and Prev., Vol. 27, No. 5, pp 633-642, 1995