Erfahrungen mit der Ricoh Caplio GX100
Was ich mag
- 24mm (Kleinbildäquivalent) Brennweite. Ein kaufentscheidender
Grund. Leider sind damit noch immer keine 90 Grad drinnen. Es
gäbe noch einen Weitwinkeladapter von Ricoh für 19mm und den
Nikon WC-E68 (plus
zwei Adapter) für 16mm, aber die sind nicht billig, und ich
würde sowas wohl wegen der Umständlichkeit (mitschleppen,
aufschrauben etc.) nur selten verwenden, also habe ich drauf
verzichtet. Beispiel
mit den Konvertern (nicht von mir).
- Kurze Auslöseverzögerung. Besonders kurz bei manuellem
Fokus (bzw. Snapshot- und Unendlich-Einstellung). Wenn man mit AF
durchdrückt, ohne abzuwarten, dass die Kamera einen Fokus findet,
macht sie den AF-Schritt schneller, aber hat manchmal den falschen
Fokus (getestet an einem Motiv in weiter Entfernung, das dann nicht
ganz scharf wurde). Das kann hilfreich sein, man muss sich aber
abgewöhnen, durchzudrücken, wenn man genügend Zeit hat.
- Viele coole Einstellungsmöglichkeiten. Und da gibt's einige
Zusatzbedienelemente, damit man nicht ewig durch Menus durch muss.
Mal sehen, welche Einstellungen ich letztlich regelmäßig nutzen
werde. Als Zusatzbonus kann man diese Zusatzbedienelemente auch noch
bis zu einem gewissen Grad programmieren, sodass man genau die
Einstellungen drauf legen kann, die man wirklich braucht (allerdings
leider (oder zum Glück?) nicht pro Mode).
- Ein gutes Handbuch: vollständig, verständlich, und
übersichtlich. Sehr hilfreich, um die vielen Möglichkeiten
kennenzulernen und später nachzuschlagen.
- Makro-Aufnahmen bis 1cm Abstand (3cm im Tele-Modus); mit Blitz
etwas mehr, aber immer noch toll (Tipp: Die "Soft-Blitz"-Einstellung
kann helfen). Beispiel
Was vielleicht noch wichtiger ist: Auch wenn der Macro-Autofokus
bei ganz kurzen Distanzen etwas daneben liegt, bei etwas längeren
(z.B. 10cm) ist er gut brauchbar: Vor kurzem habe ich das gleiche
(schwierige) Motiv mit der alten Canon A70 und der GX100 fotografiert:
Die A70 fand keinen Fokus, die Einstellung schien dann zwar nicht so
schlecht, aber letztlich kam bei zwei Versuchen kein brauchbares Photo
heraus. Bei der GX100 hat's auf Anhieb geklappt.
- Notbetrieb auch mit AAA-Batterien/Akkus. Kapazitätsmäßig
eher traurig (soll 35 Bilder schaffen), aber immerhin muss man die
Kamera nicht wegwerfen, wenn man keinen Ersatzakku mehr kriegen
sollte.
- Raw-Bilder im DNG-Format (wird von freier Software
unterstützt). Allerdings mit sehr langen Verarbeitungszeiten und
vielen andere Features gehen dann nicht (z.B. Belichtungsreihen,
Serienbilder, Bild mit Ton). Mehr dazu unten.
- Anzeige der Helligkeitsverteilung beim Photographieren. Zeigt
einem bei gemachten Photos Bereiche mit Weißsättigung an (wenn's
welche gibt, ist das Bild eventuell überbelichtet).
- Sehr brauchbarer A-Modus (Blendenautomatik) und M-Modus. Ich habe
bis jetzt viel mit dem A-Modus fotografiert, aber wenn eine
Belichtungskorrektur notwendig war, war das etwas aufwändig: Taste
drücken, Belichtung korrigieren, fotografieren, und
zurückkorrigieren (die Korrektur wird über das Ausschalten
hinweg gemerkt). Beim M-Modus geht's fast noch bequemer: Blende
einstellen, Fn-Taste drücken, um die automatische Belichtung zu
ermitteln, dann ggf. die Belichtungszeit korrigieren (mit einer Art
Wipp-Taste), fotografieren. Ich habe jetzt angefangen, im M-Modus zu
fotografieren.
Übrigens ist laut dpreview
die Schärfe in der Bildmitte bei ganz offener Blende am
größten, sie empfehlen aber, die Blende um eine Stufe zu
schließen, damit die Ecken schärfer werden; bei meinen
(Makro-)Experimenten habe ich in der Bildmitte bis in den mittleren
Blendenbereich (zwei Blendenstufen kleiner) keinen Schärfeverlust
bemerkt, danach aber ziehmlich deutlich (Beugungsunschärfe).
- Zwei frei programmierbare Modi. Recht nützlich, um
Einstellungen zu merken, die sonst beim Abschalten vergessen werden,
z.B. Bild mit Ton. Funktioniert leider nicht mit Belichtungsreihen.
Besonders wenn noch andere Einstellungen zu ändern wären
(z.B. weil die Raw-Einstellung Belichtungsreihen abschaltet).
- Man kann die Kamera im Wiedergabemodus einschalten, indem man die
Wiedergabetaste länger drückt (bei meiner alten A70 geht das
aufgrund des Schalters zwischen Aufnahme- und Wiedergabemodus auch,
aber der Schalter bleibt dann in der Stellung, und das ist bisweilen
etwas lästig).
- Es gibt noch die Bild-mit-Ton-Option, bei der man zu einem Bild
einen Audiokommentar (bis 8s) abgeben kann. Sehr praktisch, wenn man
aus dem Urlaub nach ein paar Wochen nach Hause kommt, und nicht mehr
weiß, wie das photographierte Dorf heißt. Allerdings beginnt die
Tonaufnahme erst merklich nach dem Schuss (wird angezeigt). Leider
muss man dies Option nach jedem Ausschalten neu einschalten (man kann
sie aber auf einen der MY-Modi legen oder einen Schnellzugriff über
ADJ programmieren), und diese Option geht nicht im RAW-Modus.
- Der Firmware-Update
lässt sich auch mit freien Betriebssystemen durchführen (wenn
auch nicht offiziell unterstützt): Einfach das .zip-File (offiziell
fuer MacOS X) holen, und dann auspacken, die richtigen Dateien auf die
SD-Karte spielen, und dann entsprechend den Anweisungen
die Firmware installieren.
Was könnte besser sein?
Größtenteils Dinge, die ich nicht unbedingt besser erwartet
habe, die aber im Nachhinein betrachtet trotzdem stören. Viele der
Kritikpunkte wurden bei der GX200
verbessert:
- Manuelle Objektivkappe. Ich bin da verwöhnt und vergesse jedes
mal (inzwischen nur mehr jedes zehnte mal), sie vor dem Einschalten
abzunehmen. Für die GX200 gibt's einen automatischen
Objektivdeckel (LC-1) als optionales Zubehör; der soll auch für
die GX100 gehen (wenn er einmal verfuegbar ist), dürfte allerdings
dann ca. EUR 30 kosten; da werde ich wohl zuschlagen.
- Verfärbungen bei Sättigung: Bevor der Himmel bei zu
großer Helligkeit weiss wird, wird er cyan. Bei der A70 wurde er
nur hellblau.
- Keine (korrekte) Bildorientierungsinformation im EXIF-File; die
Kamera hat dafür wohl keinen Sensor. Für eine Kamera, die sonst
fast alles kann, enttäuschend (die ältere und billigere Canon
A80 konnte das, und sogar die billige Panasonic LS80). Die GX200 kann
das.
- Dass ich Belichtungsreihen will, vergisst die Kamera nach jedem
ausschalten, und merkt sich's auch nicht, wenn ich das auf einen
eigenen Mode programmiere.
- Bei Belichtungsreihen geht nur +0.3, 0, -0.3 oder +0.5, 0, -0.5.
Für High Dynamic Range (HDR) sinnlos.
- Raw-Aufnahmen brauchen viel Zeit (5.5s bis zur nächsten
Aufnahme mit den schnellsten SD-Karten (SanDisk Extreme III); mit
langsamen Karten dauert's noch länger). Ich verzichte inzwischen
meistens auf Raw, aus diesem und den unten genannten Gründen, und
weil ich mir die Nachbearbeitung nicht antun will.
- Belichtungsreihen und Serienaufnahmen gehen nicht, wenn man Raw
aufgedreht hat, auch nicht mit schnellen SD-Karten; das ist bei der
GX200 behoben.
- Während des Filmens geht nur der Digitalzoom (und zwar in
Stufen); die Brennweite bleibt so eingestellt wie am Anfang der
Aufnahme.
- Raw arbeitet mit vielen anderen
Features nicht zusammen (z.B. Belichtungsreihen, Serienbilder, Bild
mit Ton). Man sollte Raw eher als zusätzliche Möglichkeit in
einigen Fällen sehen (leider handhabt die Kamera das umgekehrt, und
ignoriert die anderen Wünsche, wenn Raw aufgedreht ist). Wenn man
Raw in allen möglichen Situationen haben will, ist diese Kamera die
falsche. Die GX200 ist da besser.
- Das Raw wird unkomprimiert gespeichert, obwohl die
DNG-Spezifikation auch eine (verlustfreie) Komprimierung erlaubt. So
braucht jedes Raw 15MB (offenbar 10Megapixel*12bit). Die
Komprimierung bringt allerdings auch nicht berauschend viel (10MB bei
einem Versuch mit einem Adobe-Werkzeug).
- Die Kamera kann SDHC, aber laut Handbuch nur 4GB (bei der GX200
bis 16GB). Ich habe eine 8GB-SDHC-Karte von Extrememory gekauft, und
sie funktioniert mit der Kamera, allerdings nur, wenn die Karte mit
der Kamera formatiert wurde (wobei die Kamera auch gleich die
Partitionierung neu macht). Dabei produziert die Kamera eine
Partitionstabelle, bei der cfdisk (Linux) gleich verweigert und fdisk
(Linux) davor warnt, dass die Partition über das Ende der Karte
hinausgeht. Allerdings habe ich die Karte fast vollgeschrieben, dann
ein paar Photos gemacht, bis sie (abgesehen von 1.5MB Verschnitt)
wirklich voll war, und dann geschaut, ob die von mir aufgespielten
Daten noch mit den Originalen übereinstimmen (taten sie). Davor
habe ich allerdings viele Versuche gemacht, der Karte eine saubere
Partitionstabelle zu verschaffen, aber das wurde alles von der Kamera
verweigert (wie auch die Originalformatierung der Karte).
- Der Blitz ist relativ unberechenbar, oft zu hell. Allerdings
fotographiere ich nicht viel mit Blitz. Bei der GX200 gibt's beim
Blitz viel mehr Einstellmöglichkeiten, vielleicht helfen die (laut
dpreview-Nutzer-Kommentar
schon).
- Im M-Modus zeigt das Display eine Abschätzung, wie hell das
Bild nachher werden wird. Das finde ich normalerweise sehr praktisch,
aber leider macht die Kamera das auch, wenn man für den Blitz eine
kurze Zeit eingestellt hat, und zeigt dann an, wie's ohne Blitz
ausschauen würde (sehr dunkel), was die Wahl des Bildausschnitts
schwierig macht.
- Bei Unterbelichtung passt der Weissabgleich manchmal nicht,
z.B. Grünstich. Ich nehme immer den automatischen Weissabgleich,
bei den expliziten Einstellungen ist das wahrscheinlich anders.
- Zuverlässigkeit: Bisher (bei ca. 2000 Bildern) ist einmal der
Verschluss zugeblieben (beim mittleren Bild einer Belichtungsreihe).
Problematischer ist der Fokus: Mindestens einmal (für alle drei
Photos einer Belichtungsreihe) war überhaupt nichts auf dem Bild
scharf (wahrscheinlich bei Einstellung Unendlich), und in einigen
anderen Fällen gab's wahrscheinlich auch Fokus-Probleme (hab' ich
leider nicht dokumentiert). Sowas das sieht man leider im Gegensatz
zum verschlossenen Verschluss nicht nach der Aufnahme am Display, also
bei wirklich wichtigen Photos vielleicht zur Sicherheit noch einmal
abdrücken.
Einmal wurde auch eine .JPG-Datei abgespeichert, die
weder von der Kamera noch von Programmen am Computer als JPEG erkannt
wurde (wieder einmal die mittlere Aufnahme einer Belichtungreihe).
- Das Verstellen der Belichtungszeit mit der Adj.-Wippe geht
quälend langsam. Besser wäre da ein Rädchen wie für die
Blende.
Was mir nicht abgeht
- Ein Stitch-Unterstützungsmodus: gleiche Belichtung für alle
Bilder habe ich zustandegebracht, indem ich die Fn-Taste auf
"AE-Sperre" programmiert habe, und bei Bedarf eben die Fn-Taste
drücke. Die Unterstützung im Display, die mir die Canon A70
gegeben hat, fehlt auch, aber die hat's eh nicht so richtig gebracht.
Was mir doch abgeht, ist, dass die für einen Stitch vorgesehenen
Bilder im Dateinamen so gekennzeichnet werden.
Was es nicht bringt
- Der Schrägkorrekturmodus: Die Erkennung des Papierformates
funktioniert teilweise ganz gut, aber leider ist die maximale
Auflösung in dem Modus 1280x960, was für mein Testblatt zu wenig
war, und sogar das unkorrigierte Bild wird so abgespeichert, sodass
man's auch manuell dann nicht mehr reparieren kann.
Es geht aber auch in der Kamera anders: Bild in hoher Auflösung
aufnehmen, und im Wiedergabemodus die Schrägkorrektur vornehmen.
Das Ergebnis könnte zwar auch besser sein, mag aber für viele
Zwecke ausreichen (und wenn nicht, hat man immer noch das Original in
hoher Auflösung). Allerdings dauert das: 52s pro Photo bei 3648x2738.
- Der Textmodus: Teilt die Pixel in dunkle (werden schwarz) und
helle (werden weiss), was in Aliasing resultiert. Ausserdem gibt's
nur drei Einstellungen für die Einteilung, und ich habe die richtige
erst beim dritten Versuch gefunden. Besser macht man sowas selbst im
Nachhinein. Brauchbarer wäre der Modus, wenn man das Ergebnis
schon beim Aufnehmen sehen und dabei die Einteilung ändern
könnte (eventuell mit mehr Stufen).
- Der Macro-Zoom Modus. In dem Modus geht der optische Zoom nicht.
Dafür wird das Digital-Zoom-Bild bei entsprechender Einstellung auf
10Megapixel aufgeblasen, obwohl da u.U. weniger als 1MP dahinter ist.
Besser man macht eine normale Macro-Aufnahme mit optischem Zoom, und
wenn man einen Ausschnitt möchte, macht man ihn später selbst.
Sonstiges
Das Geräusch, das sie macht, sobald man den Auslöser halb
drückt, ist neben dem Autofokus (wenn man den eingeschalten hat)
der Bildstabilisator (wenn man den eingeschalten hat). Das
Geräusch des Bildstabilisators ist: zuerst ein kurzes, deutliches
Rasseln (oder Surren), danach dauerhaft ein leichtes Grummeln, und am
Ende der Aufnahme, oder wenn man den Auslöser ausläßt, wieder
das Rasseln.
Bringt's der Kit?
Der Unterschied zwischen Kit und nicht-Kit ist der abnehmbare
"elektronische Sucher" (also ein weiteres Display, bei dem
Umgebungslicht nicht stört) und ca. EUR 70,- im Preis.
Der Sucher kann mit Brille verwendet werden (ist wohl auf die Dauer
praktischer), aber ich konnte ihn auch auf die ca. -6 Dioptrien
einstellen, die ich brauche (kurz danach ist aber Schluss).
Der Sucher steht schon ganz schön ab, und ob man die Kamera
damit einpacken will, ist fraglich. Andererseits ist die Montage doch
so aufwendig, dass man das nicht regelmäßig machen will (besonders
die Schutzkappen können dabei leicht verloren gehen). Immerhin
wird eine eigene Tasche für den Sucher mitgeliefert (nicht für
die Kamera).
An einem sonnigen 11. Mai habe ich allein mit Display fotografiert
(ohne es auf maximale Helligkeit zu drehen). Die Schrift konnte man
noch gut lesen, beim Bild waren die Details allerdings schon schwierig
zu erkennen. Direktes Sollenlicht auf das Display stört wenig,
dafür Sonnenlicht auf mich (vor allem, da ich ein weisses Leiberl
anhatte), das sich dann im Display spiegelte. Naja, jedenfalls
hätte ich den Sucher auch dann nicht verwendet, wenn ich ihn
dabeigehabt hätte. Die Helligkeit des Displays ist übrigens
einstellbar, und es gibt eine Abkürzung, um es kurz einmal auf
maximale Helligkeit zu stellen oder zurück auf die Helligkeit davor.
Ich habe meinen Kit-Sucher daher inzwischen verkauft.
Bilder
Links
Anton Ertl